Gerechte Rente statt Politik für Arme

„Zielgenaue Politik für die Armen“ fordert Georg Kremer, Generalsekretär des Deutschen Caritasverbandes, am 5. Februar 2017 in einem Gastbeitrag in der Süddeutschen Zeitung. Dass sich der katholische Sozialverband in die Rentendebatte einschaltet und Partei für die „Armen“ ergreift ist lobenswert. Kremer fordert eine „moderate Erhöhung der Grundsicherung“, einen Freibetrag und ein höheres Schonvermögen für Rentner, die Sozialhilfe beantragen.
Die Frage ist nur, ob sich die, die in Deutschland kleine Renten bekommen oder in Zukunft bekommen werden, ohne weiteres in diese Schublade „Bedürftige“ stecken und mit einer Sozialleistung abspeisen lassen. Es sind meistens Menschen, die ihr ganzes Leben lang berufstätig waren, die in die gesetzliche Rentenkasse einbezahlt haben und vielleicht außerdem noch Kinder großgezogen haben. Dazu werden auch viele Caritas Mitarbeiterinnen zählen, die als Alternpfleger oder Erzieherin und damit in Berufen arbeiten, die zu den unterdurchschnittlich bezahlten gehören. Sie haben eine Rente verdient!
Es gibt andere engagierte Katholiken, die viel weiter denken als der Caritas-Funktionär. Bereits 2002 stellten die katholischen Verbände – darunter die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung Deutschlands (KAB) und die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (KFD) – ihr »Drei-Stufen-Modell«  der Öffentlichkeit vor.

Dabei hatten sie sich klare Ziele gesteckt: Soziale Sicherung im Alter und Stärkung des solidarischen Ausgleichs im Rentensystem angesichts eines hochriskanten Arbeitsmarktes. Außerdem ging es den katholischen Verbänden um eine eigenständige Existenzsicherung im Alter auch für Frauen und die Anerkennung von unbezahlter Arbeit. Das liegt im Interesse der Kirche, wenn sie ihre Verantwortung ernst nimmt. Denn wie kann sie Nächstenliebe predigen und sich auf die ehrenamtliche Tätigkeit von Millionen Frauen stützen – und sie am Ende des Arbeitslebens womöglich dem Sozialamt überlassen?

Die katholischen Verbände haben ein detailliertes Modell für eine Bürgerrente ausgearbeitet mit einer solidarischen Sockelrente als Kernelement. Diese erste Stufe sichert das Existenzminimum – ohne beim Sozialamt vorstellig zu werden. Weitere Rentenzahlungen erwirtschaften die Versicherten in einer Pflichtversicherung für alle Erwerbstätigen. Deren Höhe würde, so wie in der heutigen gesetzlichen Rentenversicherung auch, das Einkommen, die Dauer der Beschäftigung, aber auch Erziehungszeiten (so wie die »Mütterrente«) widerspiegeln. Schließlich sieht das Rentenmodell der katholischen Verbände als dritte Stufe zusätzlich eine private und betriebliche Altersvorsorge vor.

Am 7. Februar 2017 haben die katholischen Verbände ihr altes, neues Modell wieder in Berlin vorgestellt. Man kann nur hoffen, dass sie Gehör finden – in den Kirchen und in der Politik!